Neuerscheinung - Solosonate 1945

Die Entstehung der Solo-Sonate für Violine ist unmittelbar mit der Komposition der „Kleinen Sonate“ G-Dur für Geige und Klavier (Sammlung Eschler K 261) verbunden. Beide Werke wurden von Franz Hofmann wahrscheinlich parallel konzipiert und im Wesentlichen an der Ostfront – direkt an der Frontlinie – für seine Ehefrau, der Geigerin Sophie Hofmann geschrieben bzw. später im Lazarett komponiert.
Während der erste Satz der „Kleinen Sonate“ am 30.10.1944 – ein Tag vor Franz Hofmanns direktem Einsatz an der Front – vollendet wurde, entstand der zweite Satz der „Kleinen Sonate“ sowie der erste Satz „Präludium“ der Solo-Sonate unmittelbar im Schützengraben. Kurz vor seiner Verwundung waren somit die ersten beiden Sätze der „Kleinen Sonate“ und das Präludium der Solo-Sonate abgeschlossen.
Letztendlich sind aber beide Werke nur unvollständig überliefert, da der dritte Satz der „Kleinen Sonate“ sowie „Menuett“ und „Rondo“ der Solo-Sonate bis heute verschollen sind.
Am 10. November 1944 wurde Franz Hofmann in der Nähe von Gumbinnen / Ostpreußen durch Granatsplitter schwer am Hinterkopf und Oberschenkel verwundet. Ging man anfangs davon aus, dass die Verletzung nicht lebensbedrohlich war, so zeigte sich bald im Lazarett von Königsberg, dass Lebensgefahr bestand und telegraphierte seiner Frau nach Nürnberg. Sophie Hofmann reiste sofort über Berlin nach Königsberg und eilte zu ihrem Mann ans Krankenlager. In den folgenden Tagen bangte sie um sein Leben und erst allmählich stellte sich in den folgenden Wochen eine leichte Besserung seines Zustandes ein.
Ende Januar 1945 – die russische Armee stand kurz vor Königsberg – bat Franz Hofmann seine Frau um Notenpapier. Sie zog auf einem Notizblock Notenlinien und notierte am Samstag, den 20. Januar 1945 in ihrem Kalender: „Samstag 20. Der Russe rückt immer näher. Fr[ranz] kriegt wegen mir Angst. […] Er hat skizziert! Ich heule vor Freude. O Guter Gott, Dank, tausend Dank!!!! […] !“
Franz Hofmann gab beim Abschied am 22.01.1945 seiner Frau den zweiten Satz „Langsam“ der Solo-Sonate mit. Während Sophie Hofmann auf abenteuerliche Weise mittels Zug und Schiff in der folgenden Woche nach Berlin gelangte, konnte ihr Mann erst Anfang Februar mit einem Lazarett-Transport nach Pillau gebracht werden. Dort wartete er auf ein Schiff, das ihn zurück ins „Reich“ bringen sollte und er komponierte den dritten und vierten Satz, wie er seiner Frau am 4. Februar 1945 berichtete: „[…] Als Beweis dafür: Menuett u. Rondo der Solosonate sind fertig. Am letzte Satz der „kleinen Sonate“ arbeite ich - - wenn ich nur Papier hätte. […].“
Das letzte Lebenszeichen von Franz Hofmann stammt vom 6. Februar 1945 aus Pillau. Er teilte seiner Frau mit, dass er die feindliche Artillerie schon höre und einen Bombenangriff überstanden habe und trotzdem der letzte Satz der „Kleinen Sonate“ vollendet sei.
Seitdem fehlt von Franz Hofmann jede Spur.

Uraufführung und Rezeption

Die Uraufführung der ersten beiden Sätze der Solo-Sonate fand am 1. Juni 1951 im Vortragssaal des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg statt. Sophie Hofmann-Hagemann brachte das Werk ihres Mannes im Rahmen eines Konzertes mit ausschließlich Solosonaten zur Uraufführung und die Presse bemerkte: „Auch das unvollendete Werk ihres aus dem Krieg nicht zurückgekehrten Gatten Franz Hofmann, das die Geigerin zur Uraufführung brachte, ist ein wertvoller Beitrag. In jedem Falle stand man hier im Banne einer außerordentlich tonschönen und energisch umrissenen Darstellung. Sie basiert nicht nur auf einer beträchtlichen Technik, sondern auch einer erstaunlichen Musikalität und geistigen Reife.“
Weitere Aufführungen der Solo-Sonate fanden durch Sophie Hofmann am 19. September 1951 im Münchner Prinz-Carl-Palais sowie am 13. November 1954 im Gedächtniskonzert für den vermissten Franz Hofmann in Forchheim statt. Der Münchner Merkur charakterisierte das Werk als geigerisch dankbar erfundene, gelegentlich etwas unorganisch gewachsene Solo-Sonate, während die Forchheimer Presse bemerkte: „In der ,kleinen Sonate´ für Violine und Klavier und der ,Solosonate´ für Violine, die beide an vorderster Front entstanden, wurde die starke Ausdruckskraft des modernen Tonschöpfers besonders bewußt. In den Sätzen beider stürmt das Schlachterlebnis mit dem Heulen der Granaten und dem Wehklagen der Sterbenden, die in phantasievoller Musikalität das Tonbild beherrschen. Umso ausdrucksvoller wirken die zag und sehnsuchtsvoll klagenden Töne des bebenden Menschenherzens, die tief ans Herz greifen.“
Nach diesen Aufführungen scheint Sophie Hofmann die Solo-Sonate nicht mehr öffentlich gespielt zu haben, so dass das Werk schließlich für Jahrzehnte nicht mehr erklang. Konkrete Gründe sind hierfür nicht bekannt; es ist allerdings zu vermuten, dass die Solo-Sonate eine sehr starke emotionale Erinnerung für Sophie Hofmann darstellte.

Die Werkausgabe der Solo-Sonate ist direkt bei der Sammlung Eschler erhältlich:
Sammlung Eschler:
Thomas J. Eschler, MA
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